Was ist die neue Weiterbildung?

Seit Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) im Jahr 1999 ist der Beruf der Psychotherapeutin bzw. des Psychotherapeuten ein approbierter Heilberuf. Im Jahr 2020 wurde das PsychThG reformiert. Seit dem 1. September 2020 muss, wer Psychotherapeutin bzw. Psychotherapeut werden möchte, ein polyvalentes Bachelorstudium sowie ein darauffolgendes Masterstudium in Klinischer Psychologie/Psychotherapie mit einer staatlichen Approbationsprüfung abschließen. Die Approbation und damit die Erlaubnis, den Heilberuf selbständig und eigenverantwortlich ausüben zu dürfen, wird bereits im Anschluss an das Studium erteilt. Daran anschließend folgt eine mindestens fünfjährige Weiterbildung.

Das Studium der Psychotherapie enthält bereits einen hohen Praxisanteil. Die anschließende fünfjährige Weiterbildung zur Fachpsychotherapeutin bzw. zum Fachpsychotherapeuten ist notwendig, um auch Psychotherapien mit der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen zu können. Sie schließt mit einer eigenen, von den jeweiligen Landespsychotherapeutenkammern durchgeführten Prüfung, ab.

Abschlüsse nach dem bisherigen Recht (postgraduale Ausbildung mit anschließender Approbation) können nur erfolgen, wenn das Studium vor dem 1. September 2020 begonnen wurde und bis September 2032 abgeschlossen ist. In Härtefällen kann eine Verlängerung bis 2035 beantragt werden.

Als Berufsbezeichnung wird der Begriff Psychotherapeutin oder Psychotherapeut festgelegt, nach erfolgreicher Weiterbildung Fachpsychotherapeutin oder Fachpsychotherapeut. Die bisherigen Berufsbezeichnungen psychologische Psychotherapeutin oder psychologischer Psychotherapeut (PP) sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut (KJP) gelten fort und treten in alle Rechte und Pflichten ein, die auch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben, die nach dem neuen Gesetz die Aus- und Weiterbildung abgeschlossen haben.

Die neue Weiterbildung im Überblick

Warum gibt es eine neue Weiterbildung?

Mit dem neuen Psychotherapeutengesetz, das am 01.09.2020 in Kraft getreten ist, wird der psychotherapeutische Beruf strukturell an andere akademische Heilberufe angeglichen. Dabei wird die hohe Qualität der bisherigen postgradualen Ausbildung beibehalten. Zusätzlich werden durch die Weiterbildung zur Fachpsychotherapeutin bzw. zum Fachpsychotheraput alle Facetten des Berufsbildes sowie die breiter gewordenen Anforderungen der Versorgung abgedeckt. War die bisherige Ausbildung überwiegend an den Anforderungen der ambulanten Versorgung orientiert, so wird die neue Weiterbildung neben dem ambulanten auch den stationären Bereich sowie das institutionelle Umfeld umfassen.

Voraussetzungen der Weiterbildung

Da das Studium breiter und praxisorientierter aufgestellt ist, kann künftig im Anschluss an das fünfjährige Studium der Psychotherapie (drei Jahre Bachelor-, zwei Jahre Masterstudium) mit einer staatlichen Prüfung die Approbation erworben werden. Damit erhalten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten die Erlaubnis, im Rahmen der bereits im Studium erworbenen Kenntnisse psychotherapeutisch tätig zu werden. Im Rahmen der Weiterbildung können sie dann auch in der Patientenversorgung eingesetzt werden. Diese Weiterbildung ist analog zur bestehenden ärztlichen Qualifikationsstruktur geregelt.

Qualifikation und Abschlüsse

Um einen Zugang zum Versorgungssystem zu bekommen und mit den Krankenkassen abrechnen zu können, ist eine Weiterbildung zwingend erforderlich. Mit ihr erfolgt eine Qualifikation zur Fachpsychotherapeut*in für Erwachsene, Fachpsychotherapeut*in für Kinder und Jugendliche oder Fachpsychotherapeut*in für Neuropsychologische Psychotherapie (Behandlung von Hirnverletzungen und -erkrankungen).

Wer regelt die Weiterbildung?

Für die neue Weiterbildung sind die Landespsychotherapeutenkammern als Selbstverwaltungen und Berufsaufsicht zuständig, für Niedersachsen also die Psychotherapeutenkammer Niedersachsen (PKN). Die Kammer lässt die Weiterbildungsstätten sowie die Weiterbildungsermächtigten zu.

Die niedersächsische Weiterbildungsordnung entspricht fast vollständig der von der Profession auf Bundesebene entwickelten Musterweiterbildungsordnung (MWBO). So wird u.a. sichergestellt, dass während der Weiterbildung ein Wechsel zwischen den Bundesländern möglich ist.

Gebiete der Weiterbildung

Die Weiterbildung kann in folgenden Gebieten erfolgen:

  • Erwachsene (ab 18 Jahren)
  • Kinder und Jugendliche (bis 21 Jahre)
  • Neuropsychologische Psychotherapie (altersunabhängig)

Eine Weiterbildung im Gebiet Psychotherapie für Kinder und Jugendliche berechtigt zur Behandlung von Säuglingen, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr. In Ausnahmefällen können auch ältere Patientinnen und Patienten behandelt werden, wenn beispielsweise eine bereits begonnene Therapie fortgesetzt werden muss oder wenn es medizinisch notwendig ist.

Das Gebiet Psychotherapie für Erwachsene deckt die Behandlung aller Patientinnen ab 18 Jahre ab.

Das Aufgabenspektrum beider Gebiete umfasst die Diagnostik, Indikationsstellung und Behandlung von Erkrankungen und Funktionsstörungen mit dem Ziel, die psychische und physische Gesundheit wieder herzustellen, zu erhalten und zu fördern.

Im altersübergreifenden Gebiet Neuropsychotherapie werden Störungen behandelt, deren Ursache eine Verletzung oder Erkrankung des Gehirns ist. Es umfasst die Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von kognitiven, behavioralen (verhaltensbedingten) sowie emotional-affektiven Störungen.

Bereiche in der Weiterbildung

Es gibt vier wissenschaftlich anerkannte Psychotherapieverfahren: Analytische Psychotherapie, Systemische Therapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und Verhaltenstherapie.
Wer als Fachpsychotherapeut*in für Erwachsene oder Fachpsychotherapeut*in für Kinder und Jugendliche arbeiten und mit der Krankenkasse abrechnen möchte, muss mindestens eines dieser vier Verfahren in einer von der PKN zugelassenen Weiterbildungsstätte erlernt haben.

Bei der Weiterbildung in Neurologischer Psychotherapie erfolgt keine Qualifizierung in einem Psychotherapieverfahren, vielmehr werden Kompetenzen in ausgewählten Methoden und Techniken der wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren erlernt.

Unterschied „Gebiet“ und „Bereich“ in der Weiterbildung

In der Weiterbildungsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wird zwischen Gebiets- und Bereichsweiterbildung unterschieden.

Gebietsweiterbildung:

  • Fachpsychotherapeut*in für Erwachsene
  • Fachpsychotherapeut*in für Kinder und Jugendliche
  • Neurologischer Psychotherapie

Bereichsweiterbildung (Zusatztitel) gegenwärtig:

  • Schmerztherapie
  • Diabetes
  • Systemischer Therapie
  • Sozialmedizin

Es werden weitere Bereichsweiterbildungen hinzukommen.

Weiterbildungsstätten und Weiterbildungsermächtigte

Damit die Weiterbildung anerkannt wird, muss sie an einer von der PKN anerkannten Weiterbildungsstätte absolviert werden. Indem die Weiterbildungsstätten aus dem stationären, ambulanten oder institutionellen Bereich der psychotherapeutischen Versorgung kommen, lernen die Absolventen der Weiterbildung das gesamte Spektrum des Berufs kennen.

Die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung (PtW) werden unter fachlicher Verantwortung und Leitung der von der Kammer anerkannten Weiterbildungsermächtigten an der jeweiligen Weiterbildungsstätte tätig sein.

Ambulanter, stationärer und institutioneller Bereich in der Fachpsychotherapeut*innen-Weiterbildung
  • Ambulanter Bereich
    Weiterbildungs- und Hochschulambulanzen, Praxen
  • Stationärer Bereich
    (teil-)stationäre Einrichtungen der Psychiatrie, Psychosomatik, Neurologie, Maßregelvollzug (Forensik), Suchtrehabilitation
  • Institutioneller Bereich
    Einrichtungen der Jugendhilfe, Erziehungsberatung, Behindertenhilfe, Rehabilitation, Suchthilfe, Justizvollzug, Gemeindepsychiatrie, Sozialpsychiatrie, Sozialpädiatrie, öffentlicher Gesundheitsdienst, psychosoziale Fachberatungsstellen und -dienste.
Dauer der Fachpsychotherapeut*innen-Weiterbildung

Diese Weiterbildungen dauern mindestens fünf Jahre (Vollzeit), bei Teilzeit verlängern sie sich entsprechend.

Fachpsychotherapeut*in für Erwachsene oder Kinder und Jugendliche:
min. zwei Jahre in der ambulanten Versorgung, min. zwei Jahre in der stationären sowie wahlweise ein Jahr in der institutionellen Versorgung.

Das bedeutet:

2 Jahre ambulant + 2 Jahre stationär + 1 Jahr institutionell
oder
3 Jahre ambulant + 2 Jahre stationär
oder
2 Jahre ambulant + 3 Jahre stationär

Fachpsychotherapeut*in für Neurologische Psychotherapie:
min. zwei Jahre in der ambulanten Versorgung, min. zwei Jahre im stationären oder teilstationärem Bereich sowie min. ein Jahr in multidisziplinär arbeitenden Einrichtungen.

Psychotherapeut*innen fachpsychotherapeutischer Weiterbildung (Gebietsweiterbildung) sind in angemessen bezahlten Anstellungsverhältnis tätig.

Dokumentation und Abschluss
  • Dokumentation
    Die Weiterbildungsinhalte und -zeiten werden in einem Logbuch dokumentiert und durch Zeugnisse und Nachweise belegt. Die Zeugnisse und Nachweise müssen durch die Weiterbildungsermächtigten bestätigt werden. Alle Zwischen- und Abschlussgespräche müssen schriftlich festgehalten werden. Nach jedem Weiterbildungsabschnitt haben die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung Anspruch auf ein „Weiterbildungszeugnis„.
  • Abschlusprüfung
    Die Abschlussprüfung erfolgt auf Antrag bei der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen. Sie findet mündlich statt und dauert mindestens 30 Minuten.
  • Anerkennung der Bezeichnung „Fachpsychotherapeutin“ oder Fachpsychotherapeut
    Die Kammer stellt über eine erfolgreiche Weiterbildung und Prüfung eine Urkunde aus. Diese dient als Nachweis, u.a. für den Eintrag ins Arztregister. Dieser berechtigt dazu, Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu behandeln.
Download Weiterbildungsordnung