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BPtK: Minister Lauterbach verkennt Situation psychisch kranker Kinder

Kopfschütteln über die Äußerungen des Bundesgesundheitsministers bei der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK): Bei der Vorstellung des Abschlussberichtes der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“ (IMA) äußerte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach, nur mehr Behandlungskapazitäten für schwer psychisch kranke Kinder schaffen zu wollen. Von der im Koalitionsvertrag angekündigten Reform der Bedarfsplanung war keine Rede.

„Die Praxen unserer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen sind seit Langem überlaufen. Die aktuellen Krisen haben die schlechte Ausgangslage dramatisch verschärft. Kinder und Jugendliche warten monatelang auf einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz oder finden gar keine Versorgung, obwohl die bestehenden Praxen während der Pandemie schon ihre Versorgungsleistung erhöht haben“, sagt Cornelia Metge, Vorstandsmitglied der BPtK und niedergelassene Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Blieben psychische Erkrankungen zu lange unbehandelt, gefährde dies die Schulfähigkeit, erhöhe das Risiko für Chronifizierung und beeinträchtige die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, so Metge. „Es gibt keine vermeintlich leichten Fälle, die Platz machen könnten. Die Kinder und Jugendlichen, die wir tagtäglich sehen, sind alle psychisch schwer beeinträchtigt. Hier vermeintlich ‚schwerere‘ Fälle gegen ‚leichtere‘ ausspielen zu wollen, verkennt, dass gerade Kinder und Jugendliche frühzeitig behandelt werden müssen, um schwere Langzeitfolgen und gebrochene Biografien zu verhindern.“

Wiederholt setze das Bundesgesundheitsministerium (BMG) allein auf Maßnahmen wie Sonderbedarfszulassungen und Gruppentherapien und verschließe somit weiterhin die Augen vor der bitteren Realität: „Schon vor der Corona-Pandemie mussten psychisch kranke Menschen allen Alters vielerorts monatelang auf einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz warten. Wir brauchen eine echte Stärkung der Versorgung psychisch kranker Menschen und keine rein kosmetischen Maßnahmen. Insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen müssen mehr Kassensitze zugelassen werden. Das BMG muss den Koalitionsvertrag endlich umsetzen und eine echte Reform der Bedarfsplanung im Interesse der Patient*innen angehen“, fordert deshalb BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. Die Ampel-Koalition hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die psychotherapeutische Bedarfsplanung zu reformieren, um Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz, insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch in ländlichen und strukturschwachen Gebieten deutlich zu reduzieren.

„Das BMG ignoriert damit die Ziele des Koalitionsvertrages und blendet zudem die Faktenlage aus“, so Munz. Denn mehrere Studien und Untersuchungen, die im Abschlussbericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“ zusammengefasst sind, stellen den dringenden Handlungsbedarf in der Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen heraus. Des Weiteren zeigt eine aktuelle Auswertung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, dass gerade Kinder und Jugendliche von besonders langen Wartezeiten betroffen sind.