Praxisaufgabe
Ihre Praxistätigkeit endet? Egal ob geplant oder ungeplant, damit sind gewisse Verpflichtungen und Aufgaben verbunden, um die Sie sich frühzeitig kümmern sollten.
Allgemeine Pflichten von Praxisinhabenden
Als Praxisinhabende sind Sie berufsrechtlich verpflichtet, für den Falle eines unvorhergesehenen Ausfalls des*der Praxisinhabenden vorzusorgen. Schweigepflicht, Datenschutz und Auskunftspflicht sind zu gewährleisten. Näheres können Sie in der Berufsordnung nachlesen.
Bevollmächtigte*r muss Zugang zu Patientendaten haben
Nicht nur im Todesfall, sondern auch bei plötzlichen schweren Erkrankungen müssen Patient*innentermine abgesagt werden. Damit dies durch Bevollmächtigte erledigt werden kann, benötigen sie Praxis-Schlüssel, Zugangsdaten zum Computer und entsprechenden Programmen, ein Telefonverzeichnis der aktuell behandelten Patient*innen und Zugang zum Terminkalender. Wichtig ist zudem eine Schweigepflichterklärung des Bevollmächtigten, der die Patient*innen informiert.
Generalvollmacht ist wichtig
Um entsprechende Verhandlungen führen zu können, sollte ein*e Bevollmächtigte*r, z.B. Ehe- bzw. Lebenspartner*in, eine Generalvollmacht besitzen. Es wird empfohlen, darüber hinaus eine weitere Vertrauensperson – eventuell eine*n befreundete*n Kollegen oder eine*n Anwalt*in – zu bevollmächtigen, da die unmittelbaren Angehörigen in der Regel den Kopf für solche Aufgabenstellungen nicht frei haben.
Vorsorgeordner anlegen
Alle notwendigen Unterlagen sollten in einem Vorsorgeordner gesammelt werden, der regelmäßig aktualisiert wird und dessen Aufbewahrungsort den Bevollmächtigten bekannt sein muss. In dem Ordner sollten auch Namen und Kontaktdaten von Kolleg*innen vermerkt sein, die bei der Suche nach einer Vertretung behilflich sein könnten. Darüber hinaus ist es hilfreich, die Kontaktdaten von Vertragspartnern der Praxis aufzulisten, also z.B. Vermieter, Telefondienstleister, Versicherungen, Praxisverwaltungssoftwareanbieter oder Energieversorgungsunternehmen. Mitgliedschaften in Berufsverbänden und Intervisionsgruppen sollten ebenso notiert werden wie die Kontaktdaten der Kassenärztlichen Vereinigung und des Steuerberaters.
Berufsordnung gilt auch im Verhinderungsfall
Die Regelungen der Berufsordnung über die Einhaltung der Schweigepflicht, die Anforderungen an die Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht sowie an den Datenschutz und schließlich die Akteneinsichtsmöglichkeiten für Patient*innen sind auch im Verhinderungsfall einzuhalten. Es ist sicherzustellen, dass auch Bevollmächtigte die entsprechenden Anforderungen erfüllen. Auch eine nicht approbierte Person, die im Verhinderungsfall spontan einspringen muss, ist verpflichtet, diese Anforderungen einzuhalten. Sind psychotherapeutische Maßnahmen erforderlich, muss ohnehin eine Psychotherapeutin bzw. ein Psychotherapeut mit entsprechender Qualifikation eingeschaltet werden.
Weitere Information zur Beauftragung im Verhinderungsfall
Aufbewahrung von Akten
Die Patientenunterlagen sind nach Beendigung der Therapie weitere zehn Jahre sicher zu verwahren. Hierbei müssen die Bestimmungen des Datenschutzes und die Schweigepflicht eingehalten werden, d.h. die Akten müssen vor dem Zugriff Unbefugter geschützt gelagert werden. Diese Verpflichtung trifft die behandelnden Psychotherapeut*innen zunächst persönlich. Verstirbt der*die behandelnde Psychotherapeut*in, sind die Erb*innen verantwortlich für den gesamten Nachlass und damit auch für die Patientenakten. Die gesetzlich vorgeschriebene Aufbewahrungsverpflichtung geht somit mit Tod der Psychotherapeut*innen auf die Erb*innen über. Die Patient*innen müssen über den Verbleib der Akten informiert werden.
Alternativ können die Unterlagen auch dem/der Praxiserwerber*in übergeben werden. Dann müssen die Patient*innen dem jedoch schriftlich zustimmen. Ohne dass eine Patienteneinwilligung eingeholt wird, bleibt noch die Möglichkeit der Weitergabe „zu treuen Händen“ als Verwahrungsauftrag an den/die Praxiserwerber*in. Dazu würde diese*r sich schriftlich verpflichten, die Akten bis zum Zeitpunkt des Ablaufs der Aufbewahrungspflicht getrennt von eigenen Akten unter Verschluss zu halten und nur mit Zustimmung der Patient*innen in diese einzusehen oder sonst davon Gebrauch zu machen. Die Einwilligung der Patient*innen kann auch dann erfolgen, wenn Patient*innen Nachfragen zu ihrer Dokumentation haben oder in der übernommenen Praxis zur Weiterbehandlung oder erneuten Behandlung erscheinen.
Unabhängig davon, wie Sie Ihre Dokumentation führen, müssen Sie stets bedenken, dass den Patient*innen und unter Umständen auch deren Angehörigen oder Erben, ein Akteneinsichtsrecht zusteht, welches sich auf alle Unterlagen erstreckt, die zur Patientenakte gehören. Dazu zählen beispielsweise die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen und deren Ergebnisse, Befunde, Einwilligungen, Aufklärungen, Berichte an den Gutachter, Notizen über Gespräche mit Dritten oder Bezugspersonen und die Abrechnungsunterlagen. Diese Unterlagen müssen also so aufbewahrt werden, dass die Möglichkeit zur Einsichtnahme auch nach Beendigung der Therapie gegeben ist
Löschung von Daten
Die Vernichtung der Akten muss stets unter vorheriger Zerkleinerung durch einen Aktenvernichter erfolgen. Für diese Art der Vernichtung gelten DIN-Vorschriften, die einzuhalten sind und die Sie beachten sollten, auch wenn Sie ein Unternehmen zu diesem Zweck beauftragen. Gleiches gilt für die Löschung elektronischer Dokumentation. Weitere Informationen dazu, welche Standards bei welchem Speichermedium eingehalten werden müssen etc. sowie weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie finden Sie hier und hier.
Bei Verstößen muss sich die Kammer einschalten
Werden die Regelungen der Berufsordnung im Verhinderungs- beziehungsweise Vertretungsfall nicht eingehalten, obliegt es der Psychotherapeutenkammer, für eine rechtskonforme psychotherapeutische Praxisvertretung zu sorgen. Danach gehen entsprechende Maßnahmen gegebenenfalls zu Lasten der Praxisinhaber*innen. Nach § 11 Absatz 1 der Berufsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen ist auch nach Abschluss der Behandlung unverzüglich Einsicht in die Patientenakte zu gewähren. Diese Pflicht gilt über das Ende der Kammermitgliedschaft hinaus und wird, wenn notwendig, auch verwaltungsrechtlich durchgesetzt werden. Wir erinnern in diesem Zusammenhang auch an die Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren bezüglich Behandlungsdokumentationen nach § 9 Absatz 3 der Berufsordnung. Patientinnen und Patienten haben auch nach § 630 g Absatz 1 BGB einen Anspruch auf Einsicht in die von Ihnen geführte Patientenakte. Sollten Sie eine entsprechende Einsicht nicht freiwillig gewähren, kommt daher auch eine zivilrechtliche Klage durch Patientinnen und Patienten in Betracht.
Für Vertragspsychotherapeut*innen:
Pflichten des Versorgungsauftrags erfüllen
Sie sind verpflichtet, Praxisausfall und Krankheit der KV zu melden. Wenn der laufende Betrieb auf diese Weise abrupt stoppt, sind die Patient*innen von heute auf morgen unversorgt und die Praxiskosten laufen weiter. Durch eine Sicherstellungsassistenz
(auch Entlastungsassistenz genannt) besteht die Möglichkeit, die Versorgung der Patient*innen sicherzustellen. Für die Assistenz sind ein Fachkundeeintrag und die gleiche Verfahrensidentität erforderlich. Sie wird zeitlich befristet genehmigt und kann bei Bedarf verlängert werden. Je nach Situation kann auch vorübergehend ein Teil oder die gesamte Praxis ruhend gestellt werden. Nähere Informationen erhalten Sie bei der KV, Ihrem Berufsverband oder Rechtsanwält*innen für Medizinrecht.
Telematikinfrastruktur und Kartelesegeräte
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen beinhaltet Konnektoren, Kartenlesegeräte, Praxisausweise und elektronische Heilberufsausweise sowie PIN, um darüber den Zugang zu geschützten Daten sicher zu stellen. Es ist daher wichtig, mit diesen entsprechend sensibel umzugehen. All das darf nicht in die Hände Unbefugter geraten. Sie dürfen ausschließlich von Praxisinhabenden und Praxismitarbeitenden bedient werden und müssen im Falle der Praxisaufgabe oder dauerhafter Nichtbenutzung datenschutzsicher entsorgt bzw. vernichtet werden.